Etwa zwanzig stark verweste und teils mumifizierte Körper von Legehennen lagen in dem Stall verteilt. In einer Bodenhaltung zur Eierproduktion bei Haltern am See hat ein Landwirt offenbar seit Wochen die verstorbenen Tiere nicht aus dem Stall geräumt. tierretter.de wurden Aufnahmen, die im März 2018 entstanden sind, aus diesem Betrieb zugespielt, der Verein hat den Stall bei den Veterinärbehörden angezeigt.
Es sind zwei unscheinbare Hallen ohne Fenster am Ortsrand eines kleinen Dorfes in Nordrhein-Westfalen. Die Filmaufnahmen zeigen fast nackte Hühner, die kaum noch Federn haben. Seit dem Ende der klassischen Legebatterie und Tierwohl-Versprechen der Industrie glauben viele Menschen, dass solche Zustände der Vergangenheit angehören. Wenn Hühner zu tausenden auf engem Raum gehalten werden, können sie untereinander die Hackordnung nicht regeln. Ein einzelnes Huhn kann sich in einer Gruppe mit etwa 20 Tieren gut zurechtfinden, in einem industriell betriebenen Stall treffen sie jedoch immer wieder auf neue Artgenossen und streiten um die Position, müssen aufs Neue ausfechten, wo sie in der Rangordnung stehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Hühner in einer 1.500 Tiere großen Gruppe in einem Biobetrieb leben oder in einer noch viel größeren Bodenhaltung.
Kahl gepickte Hühner gibt es in jeder Haltungsform:
Die Halle hat keine Fenster, die Tiere leben hier vollkommen abgeschottet. Das Sonnenlicht sehen sie - wenn sie Glück haben - einmal in ihrem Leben, auf der Fahrt zum Schlachthaus. Für den Landwirt hat das viele Vorteile. Er steuert durch die künstliche Beleuchtung den Tagesablauf der Hennen und kann so deren Legeleistung optimieren. Hennen der Rassen, die heute in Eier-Betrieben eingesetzt werden, legen etwa 300 Eier pro Jahr. Das ist viel mehr als die Natur für Hühner eigentlich vorgesehen hat - normal wären etwa 5 Eier, die von den Hennen ausgebrütet werden würden. Aber je mehr Eier ein Huhn legt, umso produktiver ist es und umso mehr Profit kann erwirtschaftet werden. Dass die Hühner am Ende der Legeperiode von dieser körperlichen Belastung komplett ausgemergelt sind erscheint den Betreibern der Anlagen oft nebensächlich. Und deshalb werden die Tiere auch einfach geschlachtet, wenn ihre Legeleistung abnimmt. Denn es ist profitabler, eine neue Gruppe von Hühnern einzustallen. Das wussten sie nicht und auf den Bildern der Eierkartons oder den Webseiten der Betriebe sieht das alles ganz anders aus? Kein Wunder, denn die Betriebe zeigen natürlich nur Bilder von gesunden Tieren.
Am Anfang der Legeperiode - Am Ende der Legeperiode
In dem Stall im Kreis Recklinghausen finden sich zudem zahlreiche Kadaver von toten Tieren. Einige sind bereits schwarz vor Verwesung, andere sind nur noch Gerippe mit Haut. Landwirte sind seitens des Gesetzes verpflichtet jeden Tag in den Stall zu gehen um die Tiere in Augenschein zu nehmen und tote Tiere zu entfernen. Normalerweise werden diese in ‚Kadavertonnen‘, also Mülleimern für Tiere, entsorgt. In diesem Stall ist das seit Wochen nicht passiert. Etwa zwanzig Tote liegen in dem Stallbereich verteilt, zu dem die Aktiven Zutritt hatten, dieser Bereich macht etwa ein Viertel des Gesamtstalls, in dem etwa 4.500 Tiere eingepfercht sind, aus. Der Verein tierretter.de hat den Betrieb umgehend dem Veterinäramt vom Kreis Recklinghausen gemeldet - zudem wird bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige eingereicht.
Die toten Tiere
Natürlich sieht es nicht in jedem Stall so aus und den Eindruck möchte tierretter.de auch nicht erwecken. Tote Tiere finden sich jedoch in fast allen Betrieben, nur nicht in einer so großen Anzahl und vor allem nicht mit diesem Verwesungsgrad. Die Tatsache, dass es überhaupt Mülltonnen für einst fühlende Lebewesen gibt, sollte ein Indiz dafür sein, dass mit der Art und Weise, wie unsere Gesellschaft mit Tieren umgeht, etwas nicht richtig sein kann. Abgesehen von den Zuständen, die tatsächlich über den normalen Standard der Grausamkeit hinausgehen, sind aber auch die üblichen Haltungsbedingungen Grund genug, das gesamte System zu hinterfragen. Hühner sind intelligente, neugierige und oft witzig-freche Tiere. Sie lieben es sich zu sonnen, sie baden gerne im Sand, sie laufen gerne herum und erkunden die Welt - all das ist in den Ställen nicht möglich. Es ist eine ganz grundsätzliche Form der Ausbeutung, denen Tiere in der Gesellschaft ausgesetzt sind. Und die Haltungsbedingungen in den Ställen sind dabei nur die Spitze des Eisberges.
Mit welchem Recht sperren wir fühlende Lebewesen ein und beuten sie aus?
Aufnahmen der Haltung in Haltern